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Zinsen für Verbraucher dauerhaft niedrig

Zinsen für Verbraucher dauerhaft auf Niedrigniveau

Nach wie vor pendeln die Zinsen für Verbraucherkredite auf einem historischen Tief. Das ist grundsätzlich gut für Kreditnehmer, weniger aber für Sparer und Anleger. Ein Ratschlag scheint in allen Zinslagen gültig: die Nerven behalten.

Günstige Konsumschulden können teuer werden

Vernünftige Anlagestrategien gestalten sich derzeit schwierig, Baugeld und Verbraucherkredite sind hingegen günstig wie nie. Was tun mit dem Gesparten – oder ist nun etwa das Schuldenmachen vorteilhafter?

Das derzeitige Zinsniveau ist auf einem Tiefstand. Mehr als 0,75% Guthabenzinsen sind für Anlagen kaum noch zu sichern. Bei einer Inflationsrate von 1,5% lohnt sich das Sparen also nicht mehr – zumindest nicht rechnerisch. Das gehortete Vermögen fällt langfristig der höheren Inflation zum Opfer.

Was ist zu tun? Ausgeben? Bauen? Auch bei sehr niedrigen Darlehenszinsen werden Schulden schnell zum Problem. Insbesondere, wenn es um Konsumgüter geht. Küche, TV oder französische Designertasche? Technik veraltet im Zeitraffertempo, die Küche zeigt bald erste Macken und verliert schon mit ihrem Einbau an Wert. Konsumgüter verschleißen, denn dazu wurden sie hergestellt.

Zwar ist der Ratenkredit immer noch günstiger als der Dispo mit der Kontoüberziehung, allerdings sind es oft gerade die Schulden für vergängliche Konsumgüter, die besonders schmerzhaft sein kann. Kaputt, veraltet, aber immer noch nicht abbezahlt.

Verbraucherkredit als Investition?

Günstige Kredite für den Immobilienerwerb können sich eher rechnen, sofern in diesem Fall Miete gespart bzw. das Objekt dauerhaft gut vermietet werden kann. Aber auch bei Haus oder Wohnung fallen monatliche und jährliche Fixkosten an, Reparaturen und Instandhaltungen sind erforderlich. Allerdings konnten interessante Immobilienobjekte in der Vergangenheit immer erhebliche Wertsteigerungen vorweisen.

Mit dem Studienkredit wird in die eigene Bildung investiert. Führt die Weiterbildung zu einem höheren Einkommen, besseren oder sichereren Berufsaussichten, könnte sich die Aufnahme des Darlehens langfristig auszahlen.

Einer der Klassiker unter den Verbraucherkrediten ist die Autofinanzierung. Das Auto ist allerdings eine bekannte Kostenfalle: Benzin, Inspektionen, Versicherungen, Steuern. Und mit jedem Kilometer verliert es an Wert. Nicht gerade eine Investition, nur um bequemer shoppen zu können. Kann mit dem eigenen Fahrzeug allerdings ein besser bezahlter Arbeitsplatz erreicht werden, ist die Kreditfinanzierung unter Umstände sogar sinnvoll.

Unkalkulierbares Verbraucherleben

Laut Konsumforscher der GfK werden Ratenkredite besonders häufig für Konsumgüter verwendet. Bei niedrigen Zinsen scheint die Versuchung groß. Schulden werden immer leichtfertiger gemacht, so die Analysen. Läuft das Leben dann allerdings nicht genau nach Plan ab, kommt es schnell zu Rückzahlungsproblemen. Niedriger Zinsen oder nicht, der Geldgeber möchte seine Raten pünktlich zurück. Oft sind die folgenden Versteigerungen, Pfändungen, der Stress und Streit in der Familie teurer als die 1,5% der Inflationsrate.

Etwa 6,7 Millionen Bundesbürger können ihre monatlichen Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen. Sie die Überschuldeten des Landes, deren Zahl beständig wächst. In den meisten Fällen waren sie nicht einmal besonders leichtsinnig oder verschwenderisch. Die meisten Betroffenen geraten durch äußere Umstände in Not. Wenig überraschend sind es meist der Arbeitsplatzverlust, Trennung und Tod des Partners sowie Unfall und Krankheit, die selbst Gutverdiener in die Schuldenfalle führen. Die Rückzahlung des Darlehens ist allerdings fällig, auch bei Niedrigzinsen und auch bei unerwarteten und schwierigen Lebensumständen.

Immobilienwerte schaffen – günstig wie nie

In der heutigen Niedrigstzinsphase ist der Immobilienerwerb günstig. Hypothekendarlehen werden zu nie da gewesenen Konditionen angeboten und machen eine Baufinanzierung für viele erschwinglich. Es wird gebaut, es wird gekauft, die Immobiliennachfrage ist auf einem Höhepunkt. Damit gehen allerdings auch die Preise nach oben. Günstig erwirbt man ein gebrauchtes Wohnobjekt, wenn die Hypothekenzinsen hoch sind, denn dann zeigen sich nur wenige Kaufinteressenten auf dem Immobilienmarkt.

Bauzinsen waren schon immer einer der großen Risikofaktoren für Bauherren. Auch wenn diese Zinsen bei der Darlehensaufnahme noch bezahlbar waren, so kam mit dem Auslauf der Zinsbindung ein böses Erwachen: nicht mehr bezahlbare Tilgungsraten. Eine Zinsbindung bei Hypothekendarlehen läuft meist nach 5 bis 10 Jahren aus. Längere Bindungen lassen sich die Banken mit höheren Zinssätzen bezahlen. Hatte sich nun zwischenzeitlich der Kapitalmarkt zum Nachteil des Bauherrn entwickelt, endete das Eigenheim oftmals in der Versteigerung beim örtlichen Amtsgericht. Auch sind zum Zeitpunkt der Umschuldung die ersten Reparaturen und Instandsetzungen erforderlich. Das anstrengende monatliche Dauersparen und die schließlich noch höheren zermürbten ohnehin so manche Familie.

Im derzeitigen Niedrigzinsklima werden die Darlehensnehmer naturgemäß mutiger. Die Durchschnittssumme für die Hausfinanzierung steigt, allerdings treibt auch die gestiegene Immobiliennachfrage den Preis nach oben. Fast 170.000 Euro werden im Bundesdurchschnitt beim Immobilienkauf finanziert. Die Hypothekenrate sollte 45% des verfügbaren Monatseinkommens nicht übersteigen. Als Faustformel ergib sich die maximale Tilgungsrate aus dem Monatsnetto abzüglich der Lebenshaltungskosten (Miete, Essen, Fahrtkosten, Strom, Telefon, finanzielle Verbindlichkeiten) und eines finanziellen Puffers.

Ist das geeignete Objekt gefunden, holt der Kreditnehmer Angebote ein. Dabei berücksichtigen die Banken nicht nur die Bonität des Darlehensnehmers, sondern holen meist auch ein Gutachten zur Immobilie ein. Ist der Standort begehrt? Lässt sich das Objekt im Versteigerungsfalle gut verwerten? Der vereinbarte Zinssatz fällt umso kleiner aus, desto kürzer die Zinsfestschreibung ist. Auf dem derzeit niedrigen Zinsniveau sind lange Zinsfestschreibungen relativ teuer, bietet aber auch Planungssicherheit in der Haushaltskasse. Denn nach Ablauf der Zinsbindung sind die Hypothekenzinssätze neu zu verhandeln und die Bank legt selbstverständlich die dann gültigen Kapitalmarktkonditionen zugrunde. Auch Forward Darlehen für die Neufinanzierung nach Ablauf der Zinsfestschreibung können vorteilhaft sein.

Zinswende – das Ende der EZB-Niedrigzinspolitik

Sparsam sein wird nicht mehr belohnt. Schuld ist nicht allein die umstrittene EZB-Politik. Warum aber die Zinsen seit den 1980er Jahren sinken, können auch die Wirtschaftsexperten nicht abschließend erklären. Neuere Theorien von Larry Summers und Ben Bernanke werden gerne als Erklärungsmodelle zu Rate gezogen, allerdings spart der Verbraucher einfach zu viel. Die hohe und weiter steigende Sparneigung in den Schwellenländern ohne ein gleichzeitig dramatisches Wirtschaftswachstum macht den europäischen Finanzplanern zu schaffen.

Seit Jahren wird sie angekündigt – die Zinswende. Wenn bereits zu kleineren und nur sehr begrenzten vorübergehenden Zinssteigerungen kam, so kann die von der US-Notenbank eingeleitete Zinswende sich zumindest auch mittelfristig in Europa auswirken. Zudem können immer unvorhersehbare Ereignisse die Zinsentwicklung erheblich beeinflussen – und das sogar sehr kurzfristig.

Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank soll die Kreditvergaben ausweiten und mit den gestiegenen Konsumausgaben die Konjunktur stärken. Nicht wenige Experten sehen die EZB-Politik bereits als gescheitert an und auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat sich bereits in 2016 kritisch geäußert.

Mit einem Ende der EZB-Niedrigzinspolitik wird auch europaweit eine Zinswende eingeleitet.